E-Mails und Chats können soziale Kontakte nicht so effektiv stärken wie persönliche Gespräche. Trotzdem wählen viele von uns im Büroalltag als auch privat lieber die schriftliche Kommunikation, anstatt Kolleg*innen oder Kund*innen direkt anzurufen. In Anbetracht der Tatsache, dass viele Jobs nicht über Jobportale vergeben werden, sondern über persönliche Beziehungen entstehen, ist dies äusserst schade.
Hier sind die Gründe, warum wir insbesondere in Zeiten von Homeoffice und nach dem Social Distancing während der Corona-Krise häufiger zum Telefon greifen sollten.

Warum Telefonieren die zwischenmenschliche Bindung und das Networking erhöht

Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen und fühlt sich in Gesellschaft wohler als alleine. Telefon und Internet ermöglichen uns trotz räumlicher Trennung soziale Erlebnisse. Obwohl Videocalls oder Telefonate ein persönliches Treffen nicht vollständig ersetzen können, bringen sie uns doch näher zusammen als E-Mails oder Chats es je könnten.

Das liegt daran, dass Emotionen schriftlich nur schwer vermittelt werden können. Die „Zwischentöne“ eines Gesprächs – wie eine ironische Bemerkung, ein liebevoller Tonfall, das hörbare Schmunzeln oder auch Zeichen der Verwirrung – erzeugen Emotionen in Echtzeit. Wir können sofort mitlachen, den Tonfall erwidern oder Missverständnisse klären.

Zudem schenken wir uns bei einem Telefonat oder Videocall etwas sehr Wertvolles: Zeit. Im Gegensatz zur schriftlichen Kommunikation, bei welcher der/die Empfänger*in selbst entscheidet, wann er/sie die Nachricht liest und beantwortet, wirkt ein Gespräch verbindlicher und schafft eine stärkere Bindung. Über die Hintergründe, warum ich es leid bin, in der seit 2 Jahren andauernden Reorganisation in meinem Unternehmen auszuharren, oder warum mich mein Job seit langem langweilt, lässt sich einfacher sprechen als nur mailen. Vielleicht hat mein*e Gesprächspartner*in ja auch eine spannende und erfolgreiche berufliche Standortbestimmung gemacht und kann mir darüber berichten? Oder er/sie hat vor nicht allzu langer Zeit den Lebenslauf neu erstellt und weiss Bescheid, worauf dabei heutzutage zu achten ist? Oder er/sie wurde vor kurzem von einem Headhunter kontaktiert, war selbst nicht interessiert und könnte mein Profil vermitteln? Der Dialog im Gespräch ist sehr viel einfacher und zielführender als ein Pingpong über Email oder Whatsapp.

Warum schreiben wir oft lieber statt anzurufen?

Dies könnten mögliche Gründe sein, warum wir oft lieber schreiben:

  • Wir möchten die Privatsphäre der anderen nicht stören bzw. haben Angst, ungelegen zu kommen.
  • Wir befürchten, dass sich der/die Empfänger*in verpflichtet fühlt, den Anruf anzunehmen. Da viele von uns an der Angst, etwas zu verpassen (FOMO), leiden, ist diese Befürchtung vielleicht auch berechtigt.
  • Wir möchten selbst steuern, wie viel Zeit wir für eine Mitteilung aufwenden möchten – in einem Telefonat steuert auch das Gegenüber diesen Aspekt.
  • Wir möchten den Gesprächsverlauf schriftlich haben, weil wir unter Umständen später nochmals darauf zurückgreifen möchten.
  • Wir haben Angst, zurückgewiesen zu werden oder eine nicht willkommene Antwort zu bekommen.
Telefonieren statt texten

Positive Aspekte überwiegen erwartete Unannehmlichkeiten

Dieses Phänomen wurde auch in einer Studie der Universität Mannheim (Deutschland) untersucht. Viele Menschen vermeiden Telefonate aus Angst, dass diese unangenehm werden könnten. Was, wenn ich die andere Person nicht erreiche? Was, wenn sie unfreundlich ist? Was, wenn ich Fragen gestellt bekomme, die ich nicht beantworten kann? Was, wenn die Person stundenlang redet? Diese Bedenken sind vielen bekannt. Die Studie zeigt jedoch, dass Telefonate in der Regel nicht so unangenehm sind wie befürchtet und wir uns dabei nicht unwohler fühlen als beim Verfassen einer Textnachricht. Denn die positiven Aspekte der sozialen Interaktion während eines Gesprächs überwiegen. Wir fühlen uns einander näher.

Also: Anstatt schnell eine Textnachricht zu senden, greif doch mal wieder zum Hörer! Gerade, wenn du zurzeit auf Stellensuche bist, ist das soziale Netzwerk enorm wichtig. Beziehungen zu pflegen, ist dann ein Must. Das bedeutet nicht, dass man regelmässig zu Veranstaltungen gehen muss, an denen man niemanden kennt und den ganzen Abend zu Smalltalk verdonnert ist. Auch Networking im bestehenden Kreis ist sehr wertvoll. Vielleicht kennt dein Freund eine Kollegin, die in ihrem Team gerade eine spannende Stelle zu besetzen hat? Oder er hat Kontakte zu wertvollen Stellenvermittlern? Vielleicht hat er bei einem Mittagessen mit einem Kunden gehört, dass dort eine neue Abteilung aufgebaut wird? Persönliche Kontakte – über Telefon, Video oder in Real Life – sind der Schlüssel, um voranzukommen und für sich selbst oder andere neue Jobchancen zu kreieren.