Oftmals werden Ende Jahr in Unternehmen Leistungsbeurteilungen gemacht, und es wird über Lohnerhöhungen gesprochen.
Eines möchte ich gleich vorwegnehmen: in meiner Beratung erlebe ich oft, dass Kunden oder Kundinnen zum Jahresende selbstverständlich eine Lohnerhöhung erwarten. Ist diese Erwartung realistisch? Meine Meinung: nicht für alle. Bei gleichbleibender Verantwortung und gleichbleibendem Kompetenzniveau sowie ohne berufsrelevanten neuen Weiterbildungen müssen Sie damit rechnen, dass Ihr Lohn auch im nächsten Jahr gleich bleiben wird – vor allem bei einer Teuerung, die nahe bei 0% liegt.
Auch bei offensichtlichen Gründen für eine Lohnerhöhung sind Lohnverhandlungen eine heikle Angelegenheit und verlangen viel taktisches Geschick. Nachfolgende Tipps helfen Ihnen dabei, Ihrem Wunschlohn ein Stück näher zu kommen.
Tipp 1: Investieren Sie Zeit in die Vorbereitung
Je seltener Sie ein bestimmtes Gespräch oder eine Verhandlung führen, desto detaillierter sollten Sie sich darauf vorbereiten. Dies betrifft sowohl Ihre Verhandlungsargumente als auch Ihre innere Haltung (respektvoll) und Ihren Kommunikationsstil (mit ‘Ich’-Botschaften werden Sie eher zum Ziel kommen als mit schroffen Forderungen).
Tipp 2: Ihre gute Recherche ist der halbe Erfolg
Recherchieren Sie in verschiedenen Quellen, welches die branchenüblichen Löhne sind. Sofern ein Gesamtarbeitsvertrag relevant ist für Sie, finden Sie heraus, welche Bestimmungen dort massgebend sind. Wenn Sie im Internet nach ‘Lohnrechner’ suchen, werden Sie marktübliche Löhne finden. Für kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Jobs publiziert zudem der Kaufmännische Verband seinen Ratgeber ‘Lohnempfehlungen’. Aber Achtung: Der Lohn in Ihrem Unternehmen setzt sich aus ganz vielen Komponenten zusammen, welche in einem Lohnrechner möglicherweise nicht abgebildet sind. Ist Ihr Unternehmen national oder international tätig? Privatwirtschaft oder öffentliche Verwaltung? Wie viel verdienen die anderen Teammitglieder?
Ich finde es richtig, marktübliche Löhne im Internet zu recherchieren, würde die Zahlen jedoch immer mit Vorsicht geniessen. Versuchen Sie, in Ihrer Argumentation verschiedene Quellen einzubringen.
Tipp 3: Vor dem Gespräch – Sind Sie wirklich bereit für eine Lohnerhöhung?
Ein höherer Lohn bedeutet oftmals auch mehr Arbeit, mehr Verantwortung, höhere Anforderungen und Abstriche bei der Freizeit. Sind Sie wirklich bereit dafür, diesen Preis zu bezahlen? Oder wären Sie nicht vielleicht glücklicher mit mehr Autonomie in deinem Job, einer besseren Work-Life-Balance oder mit neuen Entwicklungschancen? Überlegen Sie gut, was Ihnen wirklich wichtig ist.
Tipp 4: Die richtige Argumentationsstrategie
Wenn Sie eine Lohnerhöhung fordern, brauchen Sie schlagkräftige Argumente:
- Was haben Sie in den letzten Monaten konkret geleistet?
- Was macht Sie für Ihren Arbeitgeber so wertvoll?
- Haben Sie neue Aufgaben oder mehr Verantwortung übernommen?
- Können Sie eine positive Umsatzentwicklung vorweisen?
- Haben Sie eine Weiterbildung absolviert, welche für das Unternehmen wichtig ist?
- Haben Sie durch Stellvertretungen, Auslandeinsätze oder zusätzliche Ämter Erfahrungen gesammelt, welche Sie gewinnbringend im Unternehmen einbringen können?
Je mehr messbare Ergebnisse Sie in die Verhandlung einbringen können, desto glaubwürdiger werden Ihre Lohnforderungen.
Tipp 5: Versuchen Sie, die Reaktion Ihres Verhandlungspartners vorauszusehen
Je besser Sie Ihren Gesprächspartner oder Ihre Gesprächspartnerin bereits im Vorfeld einschätzen können, umso eher wird es Ihnen gelingen, sachlich zu bleiben. Welches sind seine/ihre Werte, wie flexibel reagiert er/sie normalerweise auf Forderungen? Wie konfliktfreudig oder eben nicht schätzen Sie ihn/sie ein?
Tipp 6: Halten Sie Ihre Emotionen tief im Gespräch
Kleiden Sie sich angemessen für das Gespräch. Treten Sie im Gespräch höflich, aber bestimmt auf. Suchen Sie den Augenkontakt zum Gesprächspartner/zur Gesprächspartnerin, und hören Sie aktiv zu (Gegenüber ausreden lassen). Argumentieren Sie strukturiert und präzis. Bringen Sie konkrete Erfolgserlebnisse bzw. messbare Erfolge ein. Lassen Sie sich durch Smalltalk und Täuschungsversuche nicht von Ihrem Ziel abbringen. Und ganz wichtig: Stecken Sie bei einem verbalen Angriff Ihre Emotionen weg. Bleiben Sie ruhig und sachlich und konzentrieren Sie sich auf den zweiten Versuch. Eine Kombination zwischen Schlagfertigkeit und Humor werden Sie am ehesten zum Erfolg führen!
Tipp 7: Sie merken, Sie werden nicht erfolgreich sein mit der Lohnforderung
Falls Sie merken, dass Sie im Gespräch nicht zum Ziel kommen, empfehle ich Ihnen, entweder einen Folgegesprächstermin abzumachen … oder Sie schlagen statt einer Lohnerhöhung andere Benefits zu Ihren Gunsten vor: zum Beispiel Lohnnebenleistungen, welche das Unternehmen neu übernehmen könnte, ein Firmenwagen, Gratisparkplatz, mehr Ferientage, Homeoffice-Möglichkeit oder Subvention von Krippenplätzen. Merken Sie, dass Sie auf Granit beissen und dass sich im Moment nichts machen lässt: Bleiben Sie respektvoll und dankbar für alles, was Sie bereits haben im Zusammenhang mit Ihrem Job. Vielleicht werden Sie in einem Monat oder in einem Jahr zu Ihrem Ziel gelangen.
Tipp 8: Dont’s – dies sollten Sie vermeiden
- Unvorbereitet ins Gespräch gehen
- Druck machen und Vorgesetzte zu einem Entscheid drängen – machen Sie besser noch einen Folgetermin ab oder versuchen Sie es in einigen Monaten bzw. in einem Jahr wieder
- Ihren Teamkollegen oder Ihre Teamkollegin schlecht machen (‘Katarina hat aber klar weniger vorzuweisen als ich’)
- Eine Lohnerhöhung als Ausgleich verlangen für etwas anderes, wo Sie sich benachteiligt fühlen (verpasste Beförderung, nicht bewilligte Weiterbildung etc.)
- Jammern oder persönliche Verhältnisse ins Spiel bringen (‘Ich muss Alimente bezahlen’, ‘Meine Kinder gehen jetzt in die Privatschule’)
- Ihre(n) Verhandlungspartner/-in angreifen oder provozieren – ein absoluter NoGo. Lohngespräche sind Verhandlungen, keine Streitgespräche.
Ich drücke Ihnen die Daumen für Ihr Lohngespräch und hoffe, dass obige Punkte Ihnen in der Vorbereitung helfen.